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Weitere Rechte des besonderen Vertreters bei der GmbH

Gemäß § 46 Nr. 8 GmbHG (analog) kann ein besonderer Vertreter bestellt werden um Klage nicht nur gegen den Geschäftsführer selbst - sondern auch gegen eine von ihm mittelbar beherrschte Gesellschaft zu erheben

Der BGH hat mit Urteil vom 30.11.2021 (Az. II ZR 8/21) klargestellt, dass es dem ggf. bestellten besonderen Vertreter bei der GmbH auch gestattet ist gegen einen Dritten in Form einer vom Geschäftsführer (mittelbar) beherrschten Gesellschaft vorzugehen.  Anders als im Aktienrecht (dort § 147 ff. AktG) ist die Stellung des besonderen Vertreters in der GmbH nicht umfassend geregelt. Es ist zwar möglich, dass Geschäftsführer, die Ansprüche der GmbH gegen (andere) Geschäftsführer geltend machen. Nach § 46 Nr. 8 Var. 1 GmbHG obliegt es der Gesellschafterversammlung, die Geschäftsführer zu einer Inanspruchnahme anzuweisen. Da aber auch in diesen Fällen die Möglichkeit der Voreingenommenheit besteht, kann die Gesellschafterversammlung einen besonderen Vertreter bestellen, Der BGH hat nun klargestellt, dass ein besonderer Vertreter kann gem. § 46 Nr. 8 Var. 2 GmbHG analog auch bestellt werden kann, um Rückforderungsansprüche gegen eine vom Geschäftsführer kontrollierte Gesellschaft einzuklagen. Auch ggf. mehrstufige komplexe Beteiligungsstrukturen hindern somit nicht die Durchsetzung von Ansprüchen durch besondere Vertreter auf Seiten der klagenden GmbH.

Ein GmbH-Gesellschafter kann Ansprüche der Gesellschaft aus § 43 II GmbHG gegen ihren Fremdgeschäftsführer grundsätzlich nicht im eigenen Namen geltend machen

Der BGH hat mit Urteil vom 25. Januar 2022 (Az. II ZR 50/20) zur sog. actio pro socio nu mehr klargestelt, dass die dem Gesellschafter hiernach zukommende Klagebefugnis sich grundsätzlich nicht auf Ansprüche gegen den Geschäftsführer erstreckt, welcher nicht auch Gesellschafter der GmbH ist.

Ein Gesellschafter ist im Allgemeinen nicht befugt, den Schaden, den ein Dritter der nicht in einer gesellschaftsrechtlichen Sonderbeziehung zu ihm steht, der GmbH zugefügt hat, als eigenen geltend zu machen (actio pro socio, so: BGH NZG 2018, 220). Dies gilt auch für den Schaden, den der dem Gesellschafter nicht durch eine solche Sonderbeziehung verbundene Fremdgeschäftsführer verursacht hat (BGH ZIP 1982, 1203 oder OLG München NZG 2013, 947).

Der Minderheitsgesellschafter kann allerdings -insofern hat sich die Rechtsprechung nicht geändert- wenn die Gesellschaftermehrheit es treuwidrig unterlässt, Ansprüche der Gesellschaft geltend zu machen, Schadensersatz im Wege der actio pro socio gegen die Mehrheitsgesellschafter geltend machen (BGH WM 1990, 1240).

EMAIL-ABSENDER TRIFFT VOLLE BEWEISLAST FÜR DEREN ZUGANG

EMAIL-ABSENDER TRIFFT VOLLE BEWEISLAST FÜR DEREN ZUGANG

LAG Köln, Urteil vom 11. Januar 2022 – 4 Sa 315/21

Den Absender einer Email trifft die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Email dem Empfänger zugegangen ist. Dem Absender kommt keine Beweiserleichterung zugute, wenn er nach dem Versenden keine Meldung über die Unzustellbarkeit der Email erhält. Dies hat das LAG Köln am 11. Januar 2022 entschieden.

Ein Arbeitgeber hatte eine für den Ausschluss eines Zahlungsanspruchs entscheidende Erklärung per email an einen Arbeitnehmer am letzten Tag der Frist abgeschickt. Aus dem Postausgangskonto seiner Emails ergab sich, dass die Email abgeschickt worden war, im Posteingangskonto ging am Tag der Absendung keine Unzustellbarkeitsnachricht ein. Eine solche kam erst nach 3 Tagen beim Arbeitgeber an.

Das LAG Köln hat entschieden, dass die volle Beweislast für den Zugang einer Email beim Absender liege und dass diesem keine Beweiserleichterung oder ein Anscheinsbeweis zugutekomme, wenn sich aus dem Postausgangspostfach des Absenders ergibt, dass die Email abgeschickt worden sei. Da der Absender einer Erklärung den Weg der Übersendung selbst wähle, trage er auch das Risiko, dass die Nachricht nicht ankommt. Deshalb hat das LAG Köln den Arbeitgeber zur Zahlung verurteilt.

Interessant ist der abschließende Hinweis des LAG Köln: der Absender könne ja eine Lesebestätigung anfordern und so einen Nachweis der Zustellung sicherstellen. Dem LAG Köln scheint nicht bekannt zu sein, dass man eine solche Lesebestätigung als Empfänger einfach negieren und nicht abgeben kann.

Fazit: Die Übersendung von zugangsbedürftigen und/oder fristgebunden Erklärungen per Email ist nach wie vor ein sehr unsicherer Weg, auch wenn Email mittlerweile in der Geschäftswelt das gängige Kommunikationsmittel ist.

KEINE EILBEDÜRFTIGKEIT BEI AUSSCHÖPFUNG DER FRISTEN IM BERUFUNGSVERFAHREN DER EINSTWEILIGEN VERFÜGUNG

Das LAG Berlin-Brandenburg hat in einem Urteil vom 24. Mai 2018 eine Berufung in einem einstweiligen Verfügungsverfahren wegen nicht mehr gegebener Eilbedürftigkeit zurückgewiesen, weil die Verfügungsklägerin die Berufungs- und die Berufungsbegründungsfrist voll ausgeschöpft hatte.

Dem Urteil lag ein Fall zu Grunde, in dem eine Arbeitnehmerin im Wege der einstweiligen Verfügung eine vorläufige Beschäftigung auf einer bestimmten Stelle begehrte. In der ersten Instanz vor dem Arbeitsgericht hatte sie damit keinen Erfolg. Sie legte dann gegen das Urteil Berufung ein, ohne die Berufung auch gleich zu begründen. Ferner ließ sie sich die Berufungsbegründungsfrist noch um 1 Monat verlängern, so dass die Begründung der Berufung erst über 3 Monate nach der Zustellung des Urteils vorlag.

Durch dieses Vorgehen werde nach Ansicht das LAG die Eilbedürftigkeit der begehrten Entscheidung ad absurdum geführt. Obwohl die prozessrechtlichen Berufungsvorschriften keine Besonderheiten für das Verfahren der einstweiligen Verfügung vorsehen, sei es der im ersten Rechtszug unterlegenen Verfügungsklägerin nach Sinn und Zweck des Eilverfahrens der einstweiligen Verfügung verwehrt, beide Fristen der Berufungseinlegung sowie der Berufungsbegründung, insbesondere aber die Berufungsbegründungsfrist voll auszuschöpfen. Die Dringlichkeit sei im Berufungsrechtszug deshalb nur dann gewahrt, wenn die Berufung sofort begründet wird.

Wie wird man diesen in sich widersprüchlichen Vorgaben des LAG auf jeden Fall gerecht? Man kann zwar die Frist für die Einlegung der Berufung voll ausschöpfen, muss die Berufung dann aber auch sofort begründen.

Einer ausländischen Partei ist es nicht zuzumuten, die Wahl des deutschen Rechtsanwalts am Sitz des Prozessgerichts auszurichten

BGH, Beschluss vom 4.7.2017 – X ZB 11/15

Der BGH hat nochmals bestätigt (zuvor schon BGH, NJW-RR 2014, 886, Rn. 7), dass es einer ausländischen Partei nicht zuzumuten ist, die Auswahl eines deutschen Anwalts am Sitz des Prozessgerichts auszurichten. Vielmehr darf die ausländische Partei den regelmäßig von ihr beauftragten Anwalt ihres Vertrauens mandatieren, auch wenn dieser seinen Sitz nicht am Ort des Prozessgerichts hat.

Dies gilt unabhängig von der Parteirolle der ausländischen Partei (also ob diese z.B. als Kläger oder als Beklagter auftritt). Ebenfalls spielt es hierbei nicht zwingend eine Rolle, ob die ausländische Partei über eine Rechtsanteilung verfügt, da auch dann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden kann, dass deren Mitarbeiter in der Lage sind, einen Zivilprozess in Deutschland ohne Einschaltung eines deutschen Rechtsanwalts zu führen.

Demzufolge sind auch die Reisekosten des nicht am Prozessort ansässigen anwaltlichen Vertreters der ausländischen Partei zur mündlichen Verhandlung beim Prozessgericht erstattungsfähig.

 

 

Feststellungsklage in Widerrufsfällen kann unzulässig sein

BGH, Urteil vom 21.02.2017, Az.: XI ZR 467/15

Der BGH hat entschieden, dass die Zulässigkeit der Feststellungsklage in Widerrufsfällen am Vorrang der Leistungsklage scheitern kann. Das Begehren, die Umwandlung eines Verbraucherdarlehensvertrages in ein Rückgewährschuldverhältnis feststellen zu lassen, deckt sich in Fällen in denen kein verbundener Vertrag zugrunde liegt, wirtschaftlich mit dem Interesse an der Rückgewähr der auf den Verbraucherdarlehensvertrag erbrachten Zins- und Tilgungsleistungen, die im Wege einer bezifferten Leistungsklage geltend gemacht werden können.

Kostenerstattung im Schiedsverfahren (ZPO) bei Zeithonoraren

2016/12/01, Markus Muenzenmaier

OLG München, Beschluss vom 04.07.2016 – Az. 34 Sch 29/15

Richtet sich die Verpflichtung zur Erstattung der in einem inländischen Schiedsverfahren angefallenen Anwaltskosten nach dem 10. Buch der ZPO, weil die Parteien keine diesbezügliche Vereinbarung getroffen haben, so können vereinbarte Zeithonorare als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Kosten erstattungsfähig sein.

Das OLG München hat die Streitfrage entschieden, ob es Parteien eines Schiedsverfahrens nach Verfahrensbeendigung möglich ist, die Vergütungen der beteiligten Rechtsanwälte nicht nach den Regeln der RVG im Rahmen der Kostenfestsetzung erstattet zu erhalten. Richtet sich die Verpflichtung zur Erstattung der in einem inländischen Schiedsverfahren angefallenen Anwaltskosten nach dem 10. Buch der ZPO, weil die Parteien keine diesbezügliche Vereinbarung getroffen haben, so können nach Ansicht des OLG München die zulässigerweise vereinbarte Zeithonorare der Rechtsanwälte als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Kosten erstattungsfähig sein. Das bedeutet, dass die beteiligten Parteien, die Gebühren von Ihren Rechtsanwälten in einem Schiedsverfahren -anders vor staatlichen Gerichten- auch dann ggf. in voller Höhe geltend machen können, wenn es sich um die zumeist höheren Gebühren aufgrund von Zeithonoraren (Stundenabrechnungen) handelt. Eine Deckelung auf die Gebühren nach RVG findet also grundsätzlich nicht statt. Zu beachten ist aber die Einschränkung in der Begründung, dass Zeithonorare als notwendige Kosten erstattungsfähig sein können, was bedeutet, nicht in voller Höhe müssen.

 

 

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