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WER ZU SPÄT KOMMT, DEN BESTRAFT DAS BUNDESARBEITSGERICHT
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 8. Februar2022 – 1 ABR 2/21
Ein Unternehmen ohne Betriebsrat beschloss die Stilllegung eines Betriebs und begann bereits mit der Umsetzung durch Ausspruch von Kündigungen. Erst danach wurde ein Betriebsrat gewählt, der dann auf den Abschluss eines Sozialplans für die betroffenen Mitarbeiter pochte. Mit diesem Begehren blieb der Betriebsrat aber in allen Instanzen bis zum Bundesarbeitsgericht ohne Erfolg.
Eine Beteiligung eines Betriebsrats sei nur bei einer „geplanten“ Betriebsänderung vorgesehen; wenn das Unternehmen aber bereits den Worten Taten hat folgen lassen, z.B. wie im hier entschiedenen Fall durch Ausspruch von Kündigungen, habe ein danach gewählter Betriebsrat keine Mitbestimmungsrechte mehr.
Fazit: Je schneller ein Unternehmen ohne Betriebsrat eine Betriebsänderung umsetzt, desto einfacher, da auch eine danach gewählte Interessenvertretung nicht mehr mitzubestimmen hat. Für die Mitarbeiter des hier betroffenen Unternehmens gilt danach: Wer zu spät einen Betriebsrat gründet, den bestraft das Bundesarbeitsgericht!
"SOLL" IST NCHT "MUSS"!
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Mai 2022 – 2 AZR 467/21
Bei sog. Massenentlassungen, bei denen innerhalb eines 30-Tages-Zeitraums eine Anzahl von Kündigungen ausgesprochen wird, die bestimmte Schwellenwerte übersteigt, muss eine Anzeige an die Agentur für Arbeit gemacht werden. Was eine solche Anzeige enthalten muss, ist im Gesetz geregelt. Der Gesetzgeber unterscheidet dabei zwischen Angaben, die die Anzeige enthalten muss, und solchen, die die Anzeige enthalten soll (das sind Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit). Wenn Muss-Angaben in der Anzeige fehlen, macht das eine Kündigung aus der Anzeige unwirksam.
Umstritten war bisher, welche Auswirkungen ein Fehlen der Soll-Angaben auf die Wirksamkeit einer Kündigung hat. So hatte das Hessische Landesarbeitsgericht entschieden, dass auch in diesem Fall die Kündigung unwirksam sei. Das hat jetzt das Bundesarbeitsgericht anders beurteilt und entschieden, dass ein Fehlen der Soll-Angaben die Kündigung nicht unwirksam macht. Der Gesetzgeber habe bewusst zwischen verpflichtenden Muss- und bloßen Soll-Angaben unterschieden. Dieser Wille des Gesetzgebers könne nicht durch die Rechtsprechung übergangen oder korrigiert werden, indem ein Gericht bei Fehlen von bloßen Soll-Angaben die gleiche Rechtsfolge anordnet wie beim Fehlen von Muss-Angaben.
Fazit: Das Bundesarbeitsgericht hat mit dem Urteil vom 19. Mai 2022 eine in der Praxis sehr relevante Frage entschieden und damit das Risiko der Unwirksamkeit von Arbeitgeberkündigungen zumindest an dieser Stele nicht noch weiter erhöht. Und um es sprachlich auf eine Kurze und griffige Formel zu bringen: Soll ist eben nicht gleich Muss!
Bausparkassen dürfen nach zehn Jahren kündigen
Der BGH hat mit Urteilen vom 21.02.2017 (Az.: XI ZR 185/16, XI ZR 272/16) entschieden, dass Bausparkassen ihren Kunden kündigen dürfen, wenn diese mehr als zehn Jahre lang kein Baudarlehen in Anspruch nehmen.
Der BGH hat (wie die überwiegende Instanzrechtsprechung und Literatur) entschieden, dass die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB a.F. auch zugunsten einer Bausparkasse als Darlehensnehmerin anwendbar ist. Die Vorschrift gibt einem Darlehensnehmer die Möglichkeit, sich nach Ablauf von zehn Jahren nach Empfang des Darlehens durch Kündigung vom Vertrag zu lösen.