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Kennzeichnungspflichten in Geheimhaltungsvereinbarungen schaden mehr als sie nützen
In letzter Zeit scheint sich bei den Rechtsabteilungen, insbesondere bei börsennotierten Gesellschaften, eine Ansicht durchzusetzen nach der im Rahmen einer Geheimhaltungsvereinbarung geschützte vertrauliche Informationen als solche zu kennzeichnen sind.
Methodisch wird dies erreicht indem zunächst die vertraulichen Informationen grundsätzlich definiert werden und dann in einem zweiten Schritt die Kennzeichnungspflicht als weitere (kumulative!) Voraussetzung für die Geheimhaltungspflicht festgeschrieben wird. Häufig findet man dann eine so ähnliche wie die folgende Formulierung :
„Vertrauliche Informationen“ sind (…) und die als ‘vertraulich‘ oder mit einem ähnlichen Vermerk gekennzeichnet werden oder - soweit mündlich mitgeteilt - bei der Mitteilung als vertraulich oder mit einem ähnlichen Hinweis bezeichnet und in einem entsprechend gekennzeichneten Protokoll zusammengefasst werden, das der anderen Partei innerhalb von dreißig (30) Tagen zugeht.“
Das „und“ bewirkt, dass ohne Kennzeichnung kein Schutz der jeweiligen Information nach der Geheimhaltungsvereinbarung besteht, mithin also der Sinn und Zweck der Vereinbarung leer läuft.
Es liegt auf der Hand, dass der Verwender dieser Regelung vor allem Rechtssicherheit erreichen will. Denn gekennzeichnete Unterlagen lassen sich gut archivieren und nachverfolgen. Falls es zu einem Streit kommen sollte, wären die Beweismittel vorhanden. Es könnte die rechtliche Risikobewertung schneller und mit einer exakteren Wahrscheinlichkeit erfolgen.
Es wird jedoch verkannt, dass eine solche Kennzeichnungspflicht gerade bei Unternehmen in der Praxis nicht funktioniert. Regelmäßig sind die beteiligten Personen juristische Laien. Es kann nie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass alle involvierten Personen (a) überhaupt Kenntnis von der Kennzeichnungspflicht haben, (b) sich an die Kennzeichnungspflicht erinnern (gerade bei mündlichem Austausch der eine Niederschrift erfordert) oder (c) überhaupt positive Kenntnis über die Vertraulichkeit der jeweiligen Information haben. All diese Faktoren stellen ein faktisches Risiko dar.
Unsere Mandanten haben in der Vergangenheit schon des Öfteren davon profitiert, dass wir solche Kennzeichnungspflichten ersatzlos gestrichen haben. Es bleibt zu hoffen, dass der „Trend“ zu Kennzeichnungspflichten in Geheimhaltungsvereinbarungen alsbald abnimmt (oder gar verschwindet), da diese mehr schaden als nützen.