Aktuelles
Was es zu berichten gibt
BELEHRUNGSPFLICHT ÜBER URLAUBSVERFALL WÄHREND ARBEITSUNFÄHIGKEIT
Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts mit Urteil vom 19.02.2019 in Folge einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs kann der Verfall von Urlaub in der Regel nur eintreten, wenn der Arbeitsgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub andernfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder des Übertragungszeitraums erlischt.
Nunmehr mussten zwei Gerichte darüber entscheiden, ob eine solche Belehrungspflicht auch während einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers besteht, und kommen interessanterweise zu verschiedenen Ergebnissen.
ArbG Berlin, Urteil vom 13.06.2019 – 42 Ca 3229/19
Das Arbeitsgericht Berlin ist der Auffassung, dass ein solcher Hinweis auch während einer länger andauernden Arbeitsunfähigkeit erfolgen kann und muss, da während der Arbeitsunfähigkeit prognostisch nicht klar sei, wie lange die Arbeitsunfähigkeit andauere. Wenn die Arbeitsunfähigkeit kurzfristig endet, würde dann ein entsprechender Hinweis auf den Verfall der Urlaubsansprüche fehlen. Eine ex-post Betrachtung nach dem tatsächlichen Ende der Arbeitsunfähigkeit sei nicht anzustellen.
Deshalb kann der Arbeitgeber gegen den Fortbestand der Urlaubsansprüche nicht einwenden, er habe während der Arbeitsunfähigkeit keine Belehrung zum Verfall der Urlaubsansprüche erteilen müssen.
LAG Hamm, Urteil vom 24.07.2019 – 5 Sa 676/19
Zu dem genau gegenteiligen Ergebnis kommt hingegen das Landesarbeitsgericht Hamm. Ein Arbeitgeber könne und müsse die Belehrung zum Verfall der Urlaubsansprüche während einer langandauernden Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers nicht erteilen. Eine solche Belehrung auf die Pflicht zur Einbringung von Urlaub innerhalb bestimmter Fristen wäre nämlich während der Arbeitsunfähigkeit unzutreffend, da während der Arbeitsunfähigkeit Urlaub nicht genommen werden kann.Die Pflicht bestehe erst nach Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit.Bleibe der Arbeitnehmer durchgehend arbeitsunfähig, verbleibe es bei dem Verfall der Urlaubsansprüche 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres, ohne dass eine vorherige Belehrung durch den Arbeitgeber erfolgen müsse.
Die beiden Urteile zeigen anschaulich, dass hier für den Arbeitgeber bezüglich dieser neuen Verpflichtung aus der Rechtsprechung eine Unsicherheit besteht. Es ist deshalb zu empfehlen, auch während einer langandauernden Erkrankung eines Arbeitnehmers die entsprechende Belehrung anzubringen, um nicht bei unvorhergesehener Beendigung der Arbeitsunfähigkeit mit weiter bestehenden Urlaubsansprüchen konfrontiert zu sein.